Fan der Recken bin ich seit dem Tag, an dem meine Tochter mit dem Team eingelaufen ist. Die Atmosphäre hat mich überwältigt und direkt gepackt. Ich habe so eine starke Gemeinschaft wie unter den Handballfans selten erlebt. Eigentlich kenne ich das nur von einem Ort: meinem Arbeitsplatz. Tausende Menschen fiebern demselben Spiel entgegen und die Fans verstehen sich untereinander einfach super. Auch dann, wenn ihr Herz nicht für dasselbe Team schlägt.
Heute spielten die Recken in der ZAG Arena. Wenn große Veranstaltungen innerhalb unseres Liniennetzes stattfinden, kann es, wie heute, dazu kommen, dass wir Sonderzüge bereitstellen. Ich habe dabei den Einsatz der Kundenbetreuenden koordiniert. Aus der ganzen Region fuhren wir also Fans zum Heimspiel. Und irgendwie fühlte sich dieser Tag auch für uns wie ein Heimspiel an. Entsprechend durfte ich an dem Tag an mehreren Stellen mein Kundenbetreuungsteam anfeuern. In der Pause kam etwa ein Kollege zu mir, um über einen Vorfall kurz zuvor zu sprechen. Wir suchten uns ein ruhiges Plätzchen und er berichtete mir, was vorgefallen war.
Die Bahnsteige waren voll, die Einstiege dauerten deutlich länger als normalerweise. Das führte wiederum zu einigen Verspätungen. Unter den Fans kam die Befürchtung auf, das Spiel zu verpassen. Verständlich. Am Nachmittag kam ein Kollege auf mich zu und erzählte mir, wie eine Fangruppe vor Frust überreagierte und ihr Verhalten für ihn unvorhersehbar wurde. Weitere aus meinem Team kamen ebenfalls zu mir und berichteten aufgewühlt von ähnlichen Zwischenfällen. Die Stimmung bei uns kippte langsam.
Ich war selbst jahrelang Kundenbetreuerin und kenne solche Situationen nur zu gut. Ich hörte meinem Team zu und wusste, dass sie einfach nur verstanden werden wollten. Ich konnte mich gut in sie hineinversetzen und fühlte ihre Machtlosigkeit. In solchen Fällen ist es mir immer wichtig, ihnen zu vermitteln, dass sie alles richtig gemacht haben und dass sie sich nicht persönlich angegriffen fühlen sollen.
Oft gehen die Angriffe nämlich gar nicht gegen uns persönlich, sondern gegen die Uniform bzw. gegen das Unternehmen. Aber das zu trennen? Das gelingt nicht immer. Genau deshalb ist es mir wichtig, mein Team anzufeuern und zu motivieren. Als wir kurz vor Feierabend noch einmal beisammen saßen, feuerte ich sie an: „Ihr seid Profis, ihr habt euer Bestes gegeben, ihr habt souverän reagiert. Und genau darauf könnt ihr stolz sein. Ich bin es auf jeden Fall.“
Aber nicht nur bei meinem Kundenbetreuungsteam war das Anfeuern angesagt. Auch bei den Recken lief es nicht rund; sie lagen gerade hinten, der Ball wurde ihnen ständig abgenommen, sie verfehlten Pässe und Tore. Was war da nur los? Sie schienen ihren Teamgeist heute wirklich vergessen zu haben. Einige der Recken spielten offensichtlich ihr eigenes Spiel, andere wurden durch den Rückstand entmutigt.
Kann der Teamgeist so einen Unterschied machen? Die Situation erinnerte mich stark an den Tag auf der Arbeit: einen Moment, bei dem es auf Zusammenhalt und Verständnis ankam. Also beschloss ich, von meinem Sitz aufzuspringen, meine Sitznachbarn zu animieren, es mir gleich zu tun und schon bald stand die ganze Fankurve. Gemeinsam stimmten alle Recken-Fans unseren Anfeuerungsruf an, um dem Team zu zeigen, dass wir hinter ihm standen: „Reck-en rock-en! Reck-en rock-en!“
Bei der S-Bahn Hannover haben wir zwar keinen Anfeuerungsruf oder Fangesang, aber wir motivieren uns, wir stärken uns und sind immer füreinander da.
Wir alle feuerten unser Team lautstark an: „RECK-EN ROCK-EN!“ Die Energie in der Arena war greifbar. Und als diese zum Ende des Spiels ihren Höhepunkt erreichte, passierte etwas Besonderes:
Das Team gibt dadurch ja nochmal alles. Die Pässe sitzen, die Kommunikation läuft. Tor! Es spielt niemand mehr allein, sie spielen gemeinsam. Tor! Die letzten zehn Sekunden ticken und es ist Gleichstand. Deshalb rufen wir jetzt so laut wir können: „RECK-EN ROCK-EN! RECK-EN ROCK-EN!“ Tor! Die Zeit ist um: gewonnen! Unser Team hat gewonnen!
An Tagen wie diesen verschwimmen manchmal die Grenzen zwischen Job und Hobby. Denn in beiden Welten geht es um Menschen, die Unterstützung, Motivation und Verständnis brauchen, um alles zu geben. Ich feuere gerne an, egal ob mein Kundenbetreuungsteam oder die Recken, weil ich weiß, wie viel das bewirken kann.
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Leiterin Kundenbetreuer